Leider etwas verspätet, aber jetz stell ichs hier rein: Vorgestern, am 26. April, jährte sich das Reaktorunglück in Tschernobyl/Ukraine sich zum 19. mal.
Ein Zeichen Gottes: An dem Tag hatte ich Diplomprüfung in Strahlenbiologie.
Hier ein kleiner Bericht:
Quelle: Wikipedia.de
Siehe auch http://de.wikipedia.org/wiki/Katastrophe_von_Tschernobyl
Die Katastrophe
Als Ursache allgemein anerkannt ist eine bauartbedingte Eigenheit des Reaktors (ein so genannter RBMK-Reaktor). Ausgelöst wurde die Katastrophe durch schwere Betriebsfehler der Betreiber der Anlage, welche genau die Prozeduren missachteten und die Sicherheitssysteme abschalteten, die den sicheren Betrieb gewährleisten sollten. (Es bleibt anzumerken, dass zuvor größere Unfälle in den AKW in Harrisburg (Pennsylvania), USA und Windscale (heute Sellafield), England geschahen, auch wenn deren Konstruktion mit der der RMBK-Reaktoren nicht vergleichbar ist.)
Einige offizielle Quellen verweisen auf ein Erdbeben, das zur Zeit des Unglückes in der Region stattgefunden habe und so zur Unglückskette beitrug. Ob die Seismographen nun ein Erdbeben oder die Explosion des Reaktors aufzeichneten, wird wohl nicht abschließend geklärt werden können. Sollte wirklich ein Erdbeben mitverantwortlich für dieses Unglück sein, stellt sich eine Sicherheitsfrage für alle Kernreaktoren an tektonischen Verwerfungen wie beispielsweise dem Rheingraben oder besonders die dominoartig angelegten Kraftwerke in Japan.
Tschornobyl in der Oblast KiewTatsache ist jedoch, dass am Reaktor ein Experiment durchgeführt wurde, dessen fehlerhafte Ausführung die Katastrophe einleitete.
Da Kernreaktoren nicht nur Strom erzeugen, sondern auch verbrauchen (beispielsweise für den Betrieb der Kühlpumpen, Mess- und Anzeigetechnik usw.), und diesen aus dem Netz entnehmen, muss sichergestellt sein, dass bei einem totalen Stromausfall genügend elektrische Leistung zur Verfügung steht, um den Reaktor sicher abzuschalten. In dem anstehenden Test sollte geprüft werden, ob die Leistung der bei der Abschaltung langsam auslaufenden Turbine die Zeit bis zum Anlaufen von Dieselgeneratoren (etwa 40-60 Sekunden) überbrücken kann. Ein früherer Versuch im Block 3 des Kraftwerks war zuvor gescheitert, weil die Spannung zu schnell absank. Nun sollte der Versuch mit einem verbesserten Spannungsregler wiederholt werden. Diesen erneuten Versuch führte man bei einer Routineabschaltung des Reaktors durch.
Als erster Schritt sollte dabei die Leistung des Reaktors von ihrem Nennwert bei 3.200 Megawatt (thermisch) auf 1.000 MW reduziert werden, wie bei einer Regelabschaltung üblich. Durch einen Bedienfehler oder technisches Versagen wurde sie jedoch nicht bei diesem Wert stabilisiert, sondern sank weiter bis auf nur etwa 30 MW. Da die Neutronenflussrate in diesem Bereich extrem niedrig ist, sammelte sich Xenon-135 im Reaktorkern. Dieses Isotop, das durch den Zerfall von Iod-135 entsteht, ist ein sehr guter Neutronen-Absorber. Im normalen Betrieb wird es durch Neutronenaufnahme zu Xenon-136 verbrannt, bei diesem niedrigen Leistungsniveau jedoch stieg der Xenon-135-Gehalt immer weiter an und vergiftete den Reaktor.
Dies offenbar nicht bemerkend versuchte der Operator die gefallene Leistung durch Entfernen weiterer Regelstäbe wieder zu steigern. Durch die starke Neutronenabsorbtion gelang ihm die vermeintliche Stabilisierung jedoch nur auf einem viel zu niedrigen Niveau von etwa 200 MW oder 7% der Nennleistung. Laut Vorschrift durfte der Reaktor nicht unterhalb von 20% der Nennleistung betrieben werden.
Obwohl sich so zu diesem Zeitpunkt viel weniger Regelstäbe im Kern befanden, als für einen sicheren Betrieb notwendig waren, wurde der Reaktor nicht abgeschaltet sondern das Signal zum Beginn des Testlaufs gegeben.
Da für den Test die vier Hauptkühlmittelpumpen die Verbraucher darstellten, wurden diese nun auf volle Leistung geschaltet. Der Reaktor wurde unterkühlt, bis stark unterkühltes Kühlmittel durch den Reaktor floß. Weitere Regelstäbe mussten entfernt werden, um die Leistung zu stabilisieren. Dies wäre der letzte Zeitpunkt gewesen, an dem man den Reaktor noch durch eine Notabschaltung hätte retten können. Er befand sich zu diesem Zeitpunkt in einem äußerst instabilen Zustand, in dem jede kleinste Veränderung eines Parameters unvorhersehbare Folgen haben konnte. Allein um ihn in diesem Zustand zu betreiben, mussten zuvor alle automatischen Sicherheitssysteme überbrückt werden und der Operator mehrere Warnanzeigen ignorieren.
Als nächster Schritt wurde dann das Hauptgasventil der Turbine geschlossen und somit dem Generator, dessen Auslaufenergie man messen wollte, die Kraftzufuhr genommen. Dadurch veränderte sich der Druck im Kühlmittelkreislauf kurzzeitig, Kühlmittel verdampfte.
Im Gegensatz zu westlichen Leichtwasserreaktoren, in denen das Kühlmittel gleichzeitig Moderator ist, haben Reaktoren des RBMK-Typs im unteren Leistungsbereich einen positiven sog. Dampfblasen- oder Voidkoeffizienten. Das bedeutet, dass mit zunehmendem Verdampfen des Kühlmittels die Reaktivität des Reaktors steigt.
Ein fataler Teufelskreis begann: Das plötzliche Verdampfen des Kühlmittels lies die Reaktivität in kürzester Zeit in die Höhe schnellen. Das im Kern angesammelte Xenon-135, das bis dahin als zusätzlicher Neutronenabsorber gedient hatte, zerfiel, der Reaktor heizte sich auf und mehr Kühlmittel verdampfte. Die Leistung stieg weiter und weiter an. Schließlich befahl der Schichtleiter die Notabschaltung des Reaktors.
Dazu wurden alle zuvor aus dem Kern entfernten Steuerstäbe wieder in den Reaktor eingefahren, doch hier zeigte sich ein weiterer Konstruktionsfehler des Reaktortyps: durch die an den Spitzen der Stäbe angebrachten Graphitblöcke (Graphit war der Hauptmoderator des Reaktors) wurde bei Einfahren eines vollständig herausgezogenen Stabes die Reaktivität kurzzeitig erhöht, bis der Stab tiefer in den Kern eingedrungen war. Die durch das gleichzeitige Einführen aller Stäbe (über 250) massiv gesteigerte Neutronenausbeute ließ die Leistung in Millisekunden explodieren. Die Hitze verformte die Kanäle der Regelstäbe, so dass sie nie weit genug in den Reaktorkern eindringen konnten, um ihre angedachte Wirkung zu entfalten.
Die Hitze ließ die Brennelemente reißen und mit dem umgebenden Wasser reagieren. Wasserstoff und Sauerstoff entstanden in großen Mengen. Schließlich riß der Druck des verdampfenden Kühlmittels das über 1.000 Tonnen schwere Dach der Reaktorhalle weg. Das Graphit des Reaktorkerns fing durch die einströmende Frischluft sofort Feuer und ließ das entstandene Knallgas detonieren.
Große Mengen an Radioaktivität wurden durch die Explosionen und den anschließenden Brand des Graphit-Moderators in die Umwelt freigesetzt. Insbesondere die leicht flüchtigen Iod-131 und Cäsium-137 bildeten gefährliche Aerosole, die in einer radioaktiven Wolke teilweise hunderte oder gar tausende Kilometer weit getragen wurden, bevor sie der Regen aus der Atmosphäre auswusch. Radioaktive Metalle mit höherem Siedepunkt wurden hingegen vor allem in Form von Staubparktikeln freigesetzt, die sich in der Nähe des Reaktors niederschlugen.
Quelle und sehr gute Info Site: http://www.tschernobyl-folgen.de
Bereits 50.000 "Liquidatoren" gestorben
Rund 800 000 Menschen mussten sich nach Schätzung der Welt-gesundheitsorganisation (WHO) als sogenannte „Liquidatoren“ an den Aufräumarbeiten nach der Katastrophe in Tschernobyl beteiligen. Bis Ende 1999 sind schätzungsweise bereits mehr als 50 000 Liquidatoren an Strahlenschäden bzw. Suizid gestorben.
Radiojod
Schilddrüsenkrebs um mehr als das 30-fache erhöht
Von den zahlreichen in der Allgemeinbevölkerung auftretenden Erkrankungen wird der durch radioaktives Jod verursachte Schilddrüsenkrebs systematisch erfasst. Bis Ende 2000 sind in Belarus (Weißrussland) etwa 10 000 Menschen an diesem Krebs erkrankt. Auf der Basis von Prognosen der WHO ist zu erwarten, dass allein in der besonders verseuchten weißrussischen Region Gomel künftig mehr als 100 000 Menschen an Schilddrüsenkrebs erkranken werden.
In Belarus (Weißrussland) war bereits Ende 1990 die Inzidenz für Schilddrüsenkrebs bei Kindern gegenüber dem 10-Jahres-Mittelwert vor 1986 um das mehr als 30-fache erhöht. Die Behauptung der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) "... keine mit Strahlung zusammenhängende Gesundheitsstörungen" war zu diesem Zeitpunkt weder aus medizinischer noch aus wissenschaftlicher Sicht nachvollziehbar, denn sie stand im Widerspruch zu den bereits bekannten und dokumentierten Schilddrüsenkrebsfällen in Belarus.
Tumore
Dramtische Zunahme von Krebserkrankungen
Neben dem Schilddrüsenkrebs registrieren die Ärzte in Gomel bei Männern eine drastische Zunahme von Lungen-, Magen-, Haut- und Prostatakrebs. Bei Frauen hat sich die Zahl der Brustkrebserkrankungen innerhalb von 10 Jahren verdoppelt.
In der Folge der Tschernobyl-Katastrophe ist in der Bevölkerung der Anstieg der Schilddrüsenkrebsfälle am stärksten, aber auch bei anderen Tumorarten und bei vielen nicht bösartigen Erkrankungen ist ein massiver Anstieg zu verzeichnen. Im Gebiet Gomel ist der Jugenddiabetes im Vergleich zur Zeit vor der Katastrophe um das Dreifache angestiegen. In der wissenschaftlichen Literatur wird die Vermutung diskutiert, dass dies eine Folge der Belastung der Bauchspeicheldrüse durch Radiojod ist.
Sonstige Erkrankungen
Pathologien im Bereich der Fortpflanzung und Jugenddiabetes
Bereits kurze Zeit nach der Reaktorkatastrophe wurde in der Ukraine eine starke Zunahme von Pathologien auffällig, die mit der Fortpflanzung des Menschen zusammenhängen. Sie betreffen vor allem die Schwangerschaft und die Leibesfrucht. In einem Statusbericht des Ukrainischen Gesundheitsministeriums über die Entwicklung des Gesundheitswesens 1986-1988 wurde auf den deutlichen Geburtenrückgang, die erhöhte Rate an Schwangerschaftsunterbrechungen und auf die erhöhte Anzahl verschiedener Gesundheitsstörungen der Leibesfrucht und bei Schwangerschaften hingewiesen. Die mit der Fortpflanzung des Menschen zusammenhängenden Erkrankungen haben sich im Zeitraum 1986-1990 deutlich erhöht. In der Tabelle 1 ist die Zunahme gegenüber dem Vergleichszeitraum 1982-1985 dargestellt.
Absterben der Leibesfrucht: 1,5-fach erhöht
Fehlgeburten: 1,7-fach erhöht
Frühgeburten: 3-fach erhöht
Totgeburten: 1,5-fach erhöht
Fehlbildungen und Entwicklungsanomalien: 3-fach erhöht
Fortpflanzungsstörungen bei Männern: 3-fach erhöht
Genetische Störungen und Chromosomenaberrationen: 15-fach erhöht
Trisomie 21
Totgeburten, Mißbildungen und Krebs in Deutschland
Auch im Westen gibt es nachweislich gesundheitliche Effekte nach Tschernobyl. Zahlreiche Untersuchungen wurden durchgeführt, um den möglichen Einfluss auf Geburtsanomalien und auf die Perinatalsterblichkeit zu erforschen. Allein in Deutschland starben vermutlich mehrere hundert Kinder vor, während oder nach der Geburt aufgrund der Strahlenbelastung durch Tschernobyl.
Trisomie 21
Die Trisomie 21 ist die häufigste numerische Chromosomenanomalie und zugleich die häufigste Ursache einer angeborenen geistigen Behinderung. Bei einem von 800 Neugeborenen ist ein zusätzliches Chromosom 21 vorhanden. Wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass der Zeitpunkt der Entstehung dieses Fehlers genau angegeben werden kann. Die meisten Fälle ereignen sich bei den Reifeteilungen der Eizelle, d. h. unmittelbar zum Zeitpunkt der Konzeption.
In dem 10-Jahres-Zeitraum von Januar 1980 bis Dezember 1989 lag in Westberlin die monatliche Zahl von Trisomie-21-Fällen bei durchschnittlich 2-3. Aber im Januar 1987, neun Monate nach der Tschernobyl-Katastrophe, wurden 12 Fälle beobachtet. Dieser Anstieg war nach einer Zeitreihenanalyse hoch signifikant und konnte nicht mit dem Alter der Schwangeren oder der Inanspruchnahme der vorgeburtlichen Diagnostik erklärt werden.