Nach den Verbalattacken eines italienischen Staatssekretärs gegen deutsche Touristen hat Deutschlands Kanzler Gerhard Schröder (SPD) nun Konsequenzen gezogen und seinen Italien-Urlaub abgesagt.
Schröder bleibe mit seiner Familie in Hannover, teilte der Sprecher der Bundesregierung, Bela Anda, am Mittwoch in Berlin mit. Er wolle seiner Familie "nicht länger Spekulationen über die wenige gemeinsame Urlaubszeit zumuten", hieß es in einer Erklärung.
"Alles hat seine Grenzen"
Eigentlich wollte der Kanzler nächste Woche mit seiner Frau Doris und deren Tochter Klara für rund zwei Wochen im Haus seines Freundes Bruno Bruni an der Adria urlauben.
Italienische Zeitungen zitierten den Maler und Bildhauer Bruni mit den Worten, Schröder habe gesagt: "Alles hat seine Grenzen."
Das Kanzleramt hatte die Italien-Reise Schröders davon abhängig gemacht, dass die anti-deutschen Ausfälle des italienischen Tourismus-Staatssekretärs Stefano Stefani "nicht ohne Konsequenzen" blieben.
Berlusconi: "Tut mir Leid für Schröder"
Der italienische Ministerpräsident Silvio Berlusconi hat auf Schröders Absage nur mit einem knappen Satz reagiert. "Es tut mir Leid für ihn", sagte Berlusconi am Mittwoch.
Der größte staatliche TV-Sender RAI 1 berichtete unterdessen, Schröders Absage habe nichts mit den umstrittenen Äußerungen Stefanis zu tun.
Außenminister Frattini bedauert
Schröders Absage ist nach Ansicht des italienischen Außenministers Franco Frattini "keine politische Affäre". Er bedaure die Entscheidung, sagte Frattini am Mittwoch in Rom.
Er jedenfalls betrachte die jüngsten Spannungen wegen Stefanis Attacken seit zwei Tagen als erledigt. Er werde seinerseits weiterhin nach Deutschland reisen.
"Einförmige Blonde"
Stefani (Lega Nord) hatte am Freitag in der Lega-Nord-Tageszeitung "La Padania" über deutsche Touristen gesagt: "Sie bevölkern im Sommerurlaub lautstark unsere Strände, besoffen vor aufgeblasener Selbstsicherheit."
Es handle sich um "einförmige, supernationalistische Blonde, die lärmend über unsere Strände herfallen", so Stefani. Sie würden "nach Bier- und Pommes-frites-Gelagen Rülpswettbewerbe austragen", hieß es unter anderem in dem Parteiblatt.
Stefani schließt Entschuldigung aus
Stefani schloss eine Entschuldigung für die Beschimpfung aus: "Ich werde in keinem Fall um Entschuldigung bitten", sagte er bei einer Pressekonferenz in Rom. "Sie müssen mir erklären, wofür ich mich entschuldigen soll", antwortete er auf entsprechende Fragen von Journalisten.
Er habe nicht das ganze Volk, sondern nur einen Teil der Deutschen kritisiert, sagte Stefani. "Es ging mir um das Stereotyp der Deutschen, die immer den anderen auf die Finger klopfen, von der Kanzel herunterpredigen und Lektionen in Demokratie erteilen wollen", sagte Stefani.
Dabei beziehe er sich vor allem auf die Italien-kritischen Äußerungen des deutschen Europaabgeordneten Martin Schulz (SPD) in der vergangenen Woche sowie auf die Titelseite des Nachrichtenmagazins "Der Spiegel", auf dem ein Foto Berlusconis mit "Pate" untertitelt war.
War mit Deutscher verheiratet
Stefani sagte zudem, er sei "lange Zeit mit einer deutschen Frau aus Frankfurt verheiratet gewesen". Der Goldschmied aus Vicenza hat mit der Deutschen nach eigenen Angaben drei Kinder.
Seit der Bildung der Mitte-Rechts-Regierung vor zwei Jahren ist er Tourismus-Staatssekretär. Bis zur seiner Beschimpfung war er in der italienischen Öffentlichkeit weitgehend unbekannt.
Urlaubsort will Schadenersatz
Die italienische Adria-Provinz Pesaro, in der Schröder seinen Urlaub verbringen wollte, hat am Mittwoch eine Schadenersatzklage gegen Berlusconi angekündigt.
"Die Dummheit der Leute, die an der Regierungsspitze stehen, ist derart groß, dass sie dem Image unseres Tourismus einen gewaltigen wirtschaftlichen Schaden zufügen", sagte der Präsident der Provinz, Palmiro Ucchielli, nach der Absage der Kanzlerreise.
EDIT: Quelle: orf.at