Ist die Wehrpflicht noch zeitgerecht?

Nachdem ich das Thema sowohl für D als auch für Ö für relevant halte, habe ich mir erlaubt abzustimmen und erlaube mir auch meine Meinung hier kundzutun, vorrangig aus österreichischer Sicht.

Militärisch gesehen ist der kalte Krieg vorbei und kein Schwein braucht mehr riesige Panzerarmeen in Europa um Berlin und Wien gegen die Sowjets zu verteidigen - was sich auch schon in drastischen Abrüstungsprozessen auf deutscher Seite wiedergespiegelt hat.

Meiner Meinung nach braucht man heutzutage (in Österreich) eine kleine, aber gut ausgerüstete und ausgebildete Berufsarmee mit Spezialeinheiten für Auslandseinsätze und ähnliches.
Ein weiterer Grund für eine Abschaffung der Wehrpflicht aus österreichischer sicht ist das sich das ganze System in Österreich durch die verkürzung der Wehrpflicht auf sechs Monate (dies erachte ich als viel zu kurz um "vernünftige" Soldaten auszubilden die in einer realen Kampfsituation überlebenschancen haben sollen) und einen viel zu großen Militärischen Bürokratieapparat selbst ad absurdum führt.

Das Problem in Ö ist allerdings, das wir kein THW wie in D haben und dadurch sobald bei einer größeren Katastrophe o.ä. die zivilen Rettungskräfte überfordert sind, automatisch das Bundesheer herangezogen wird, deshalb wird das Bundesheer oftmals als schwere Feuerwehr gehandelt und bekommt viel zu wenig Geld um sich um seine tatsächlichen - militärischen - belange zu kümmern. Dies ist mit einer kleinen Berufsarmee vermutlich nicht mehr so leicht möglich bzw. billig wie mit einer Wehrpflichtigenarmee.

Eine Abschaffung der Wehrpflicht würde aber automatisch das aus für den Zivildienst bedeuten - er hat als Ersatzdienst zu existieren, aber eine Zivildienstpflicht - ohne Wehrpflichtigenarmee - wäre rechtlich gesehen Zwangsarbeit bzw. Sklaverei und ist deshalb so nicht durchführbar.

Und ein wegfall aller Zivildiener würde in Ö sicher zum finanziellen und organisatorischen Kollaps so mancher Organsisation wie Krankentransportdiensten u.ä. führen - das will natürlich auch keiner.

Andrerseits: in GB, Spanien und Frankreich funktionierts auch, und die haben seit Jahren keine Wehrpflicht mehr.

Der Zivildienst ist im Gegensatz zum Wehrdienst alles andere als überflüssig. Das Dumme ist halt nur, das die beiden Dienste immer zusammen genannt werden (müssen).

Zum Wehrdienst wäre ich aus heutiger Sicht überhaupt nicht mehr bereit. Da sollten wirklich nur noch Freiwillige den Kopf für politische Fehlentscheidungen hinhalten müssen.

Da es dann aber auch keine Verpflichtung mehr zum Ersatzdienst gäbe, wäre ich dafür, jedem ein Soziales Jahr, es könnten auch zwei oder vier sein, anzubieten, wie es auch die Zeitsoldaten haben. Sicher müsste man sich da bei der Finanzierung was einfallen lassen. Gescheiter als Hartz4-Empfänger zum Schneeschaufeln schicken wäre dieses Konzept aber sicher.
(Ich gebe zu, das ist kein ausgereifter Gedanke)

Der Zivildienst ist in meinen Augen sinnvoll, Wehrdienst in der heutigen Form jedoch in keinster Weise. Dumm nur, daß der Zivildienst nun wohl mit dem Wehrdienst sterben wird. :O